Der Steuerberater der Alleingesellschafterin – und seine Haftung gegenüber der GmbH

Grundlage eines von der GmbH geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist eine schuldhafte Verletzung der Pflichten aus dem Steuerberatungsvertrag durch die Steuerberaterin.

Der Steuerberater der Alleingesellschafterin – und seine Haftung gegenüber der GmbH

Sofern dieser Beratungsvertrag nicht auch mit der GmbH zustande gekommen ist oder einen echten Vertrag zugunsten der GmbH gemäß § 328 BGB darstellte, war die GmbH zumindest in den Schutzbereich des Beratungsvertrages zwischen der Gesellschafterin und der Steuerberaterin einbezogen. Deshalb kann sie den ihr durch eine etwaige Pflichtverletzung der Steuerberaterin entstandenen Schaden ersetzt verlangen.

Soweit der zwischen Steuerberater und Mandant geschlossene Vertrag keine ausdrücklichen Regelungen über eine mögliche Einbeziehung Dritter enthält, bedarf es der maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden Auslegung des Beratervertrages, um eine Schutzwirkung zugunsten eines nicht am Vertragsschluss Beteiligten feststellen zu können[1]. Lässt sich aus dem Willen der Vertragspartner eine Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich der Vertragsleistung des Beraters ableiten, kann der einbezogene Dritte im Fall der Schädigung einen eigenen Ersatzanspruch als sekundären vertraglichen Anspruch gegen den Berater geltend machen[2].

Um die Haftung des Beraters nicht unbegrenzt auszudehnen, ist jedoch erforderlich, dass der Dritte mit der Hauptleistung des Steuerberaters als Schutzpflichtiger bestimmungsgemäß in Berührung kommt[3]. Zu dieser Voraussetzung der Leistungsnähe muss ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den vertraglichen Schutzbereich hinzutreten[4].

Des Weiteren muss, um das Haftungsrisiko berechenbar halten zu können, die Einbeziehung Dritter dem schutzpflichtigen Steuerberater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein[5]. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt[6].

Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die GmbH in den Schutzbereich des Mandatsverhältnisses zwischen der Steuerberaterin und der Alleingesellschafterin einbezogen. Das von der Steuerberaterin erarbeitete und von der Gesellschafterin umgesetzte Konzept verfolgte die steuerrechtliche Optimierung der (gesamten) Vermögensverhältnisse der Gesellschafterin. Durch die Beratung und die hierauf aufbauende Vertragsgestaltung sollte bewirkt werden, dass auf diese eine möglichst geringe Steuerlast, unabhängig von dem von ihr gewählten Wohnort, entfällt. Um dieses Ziel erreichen zu können, musste das von der Steuerberaterin erarbeitete Konzept notwendigerweise nicht nur das Privatvermögen der Gesellschafterin, sondern auch die von ihr zum Zeitpunkt der Mandatierung kontrollierten Gesellschaften, namentlich die GmbH, einbeziehen. Mithin war bereits mit der Erstellung des Gesamtkonzeptes vorgezeichnet, dass nicht nur die Gesellschafterin, sondern u.a. auch die GmbH bestimmungsgemäß mit der Beratungsleistung in Berührung kommen würden. Hierbei bestand ein besonderes Interesse der Gesellschafterin, auch die wirtschaftlichen Belange der – zunächst von ihr selbst und sodann von der von ihr gegründeten Stiftung kontrollierten -GmbH, deren Geschäftsführerin sie zudem selbst weiterhin ist, im Rahmen der Neustrukturierung ihrer Vermögensverhältnisse gewahrt zu wissen, um mögliche Schäden von sich selbst und damit auch der Stiftung abzuwenden. Diese Drittbezogenheit ihrer Leistung war für die Steuerberaterin bei Abschluss des Beratungsvertrages und während seiner Durchführung offensichtlich. U.a. durch die Übersendung des vorbereiteten Darlehensvertrages unmittelbar an die GmbH und die Abrechnung unter anderem auch gegenüber der GmbH selbst, zeigt sich, dass der Steuerberaterin eine Verwendung ihrer Beratungsleistung gegenüber der GmbH nicht nur bewusst war, sondern dass sie diese selbst steuerte. Inhaltsgleiche vertragliche Ansprüche stehen der GmbH hier nicht zu.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Dezember 2015 – IX ZR 56/15

  1. vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 14; D. Fischer, in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der An-waltshaftung, 4. Aufl., § 10 Rn. 16[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2004 – X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 4; vom 14.06.2012, aaO[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2011 – IX ZR 193/10, WM 2011, 2334 Rn. 6[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2009 – III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn.19 ff; vom 24.04.2014 – III ZR 156/13, WM 2014, 935 Rn. 11[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2011, aaO; vom 07.03.2013 – IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 25[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2011, aaO Rn. 6; vom 07.03.2013, aaO Rn. 25; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. Rn. 437[]